Anästhesiologie und ambulante Narkosen

Anästhesiologie, was ist das?

Der ursprünglich griechische Begriff „Anästhesie“ bedeutet Empfindungslosigkeit bzw. Betäubung. In der modernen Medizin versteht man unter Anästhesie oder Narkose einen schlafähnlichen Zustand, die Allgemeinanästhesie (Vollnarkose).
Aber auch durch die Ausschaltung einzelner Nerven oder ganzer Nervenbahnen, eine so genannte Regionalanästhesie (Teilnarkose), können medizinische Behandlungen und Untersuchungen schmerzfrei durchgeführt werden.

In unserer Klinik werden alle modernen Verfahren der Regional- und Allgemeinanästhesie eingesetzt. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse und eine moderne technische Ausstattung gewährleisten einen sehr hohen Stand an Sicherheit. Durch die kontinuierliche Betreuung unseres erfahrenen Anästhesie-Teams werden eventuell auftretende Probleme während einer Operation frühzeitig erkannt und behandelt.

Alle modernen Verfahren der Vollnarkosen, wie auch die unterschiedlichsten Techniken der Lokal- und Regionalanästhesie, werden von unserer Klinik angeboten. Pro Jahr führen wir etwa 14.000 Narkosen für Operationen oder Untersuchungen in den folgenden Bereichen durch:

Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie
Gynäkologie und Geburtshilfe
Unfallchirurgie und Orthopädie
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Urologie
Augenheilkunde
Zahn-Mund-Kieferchirurgie
Radiologie, Innere Medizin und Pädiatrie

Vollnarkose (Allgemeinanästhesie)

Manche Operationen können nur im Rahmen einer Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) durchgeführt werden, so z. B. bei den meisten

  • Kopf- oder Hals-Nasen-Ohren-Operationen
  • Bauch-(Viszeral-) und Brustkorb-(Thorax-)Operationen
  • Endoskopischen Operationen („Schlüsselloch-Chirurgie“)

Es kann aber auch andere Gründe geben, warum eine Allgemeinanästhesie für Sie von Vorteil ist.

Im Rahmen des Narkosevorgesprächs (Prämedikation) wird Ihre Anästhesistin/Ihr Anästhesist dies mit Ihnen besprechen und festlegen.

Bei einer Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) erhält der Patient unter kontinuierlicher Überwachung von EKG, Blutdruck und Sauerstoffgehalt des Blutes verschiedene Medikamente über eine kleine Venenverweilkanüle verabreicht.

Die Narkosemedikamente lassen den Patienten schnell und angenehm einschlafen. Das Bewusstsein und die Schmerzempfindung sind nun ausgeschaltet. Im Tiefschlaf werden dann die Atemwege gesichert und freigehalten (Luftröhrenschlauch/Tubus oder Mund-/Kehlkopfmaske). So kann während der gesamten Narkose sichergestellt werden, dass genügend Sauerstoff in den Körper gelangt.

Unser erfahrenes Anästhesie-Team steuert Ihre Narkose präzise und mit höchster Sicherheit. Die Vollnarkose lässt sich heute so gut steuern, dass Sie auch nach großen Operationen schnell und komfortabel aufwachen. Schon während der Operation planen wir die Schmerztherapie danach.

Starker Schmerz, Übelkeit und Erbrechen nach Narkosen sind heute „Vergangenheit“!

Teilnarkose (Regionalanästhesie)

Die Ärzte unserer Klinik haben große Erfahrung in der Technik der Regionalanästhesie. Weit über 2.500 mal pro Jahr werden diese Verfahren schonend und sicher für unsere Patienten eingesetzt. Im Einzelnen bieten wir folgende Verfahren an:

Bei einer Regionalanästhesie werden gezielt die Nerven bzw. Nervenbündel betäubt, die das Operationsgebiet versorgen. Dadurch kommt es zur Schmerzfreiheit im Operationsgebiet bei erhaltenem Bewusstsein. Alle Regionalanästhesien werden unter örtlicher Betäubung durchgeführt. Auf Wunsch kann während der Operation zusätzlich ein Schlafmittel verabreicht werden.

Welche Form der Regionalanästhesie durchgeführt wird, hängt von der Art und vom Ort des Eingriffs ab und wird mit dem Patienten im Narkosevorgespräch (Prämedikation) besprochen und festgelegt. Rückenmarksnahe Anästhesieverfahren, wie Spinalanästhesie oder Periduralanästhesie, eignen sich für Operationen im Unterleib oder an den Beinen.
Zur postoperativen Schmerztherapie kann ein Katheter in die Nähe einzelner Nerven gelegt werden. Dieses Verfahren eignet sich in Kombination mit einer Vollnarkose z. B. beim Kniegelenkersatz. Für Eingriffe an der Hand oder am Arm werden die Nervenbündel betäubt, die den Arm versorgen.

In seltenen Fällen kann bei jeder Regionalanästhesie die Wirkung nicht ausreichend ist. Die Wirkung wird aber in jedem Fall vor dem Operationsbeginn geprüft. Die Einleitung einer Vollnarkose ist dann immer möglich! Deshalb gelten auch bei Regionalanästhesien die Vereinbarungen zur Nüchternheit vor Narkosen!

Spinalanästhesie

Die Spinalanästhesie schaltet Empfindungen und Bewegungen in der unteren Körperhälfte aus. In der Regel wird die Spinalanästhesie im Sitzen durchgeführt. Über eine sehr dünne Nadel wird ein lokales Betäubungsmittel in den Nervenwasserraum injiziert. So werden aus dem Rückenmark austretende Nerven betäubt. Zuerst wird ein Wärmegefühl in den Beinen und im Gesäß wahrgenommen, dann ist der Bereich komplett betäubt.

Vor OP-Beginn wird die Wirkung mehrfach überprüft. Je nach Medikament hält die Wirkung eine bis vier Stunden an. In seltenen Fällen kann es zu Kopfschmerzen nach Spinalanästhesien kommen. Aber keine Sorge, auch nach der Operation besucht Sie „Ihr Narkosearzt“ noch einmal und kümmert sich um eventuell aufgetretene Probleme.

Periduralanästhesie (PDA) / Periduralkatheter

Im Gegensatz zur Spinalanästhesie wird bei der Periduralanästhesie der Raum vor der Rückenmarkshülle aufgesucht (Periduralraum). Dort wird ein sehr dünner Katheter eingelegt (Periduralkatheter). Über diesen Katheter wird während und nach der Operation kontinuierlich ein lokales Betäubungsmittel verabreicht. Von großem Vorteil ist es, dass der Wundschmerz nach der Operation deutlich verringert ist, die Beweglichkeit der Beine aber in der Regel erhalten bleibt.

Der Periduralkatheter kann im Bereich der Lendenwirbelsäule oder der Brustwirbelsäule gelegt werden. Der Ort ist abhängig von der Operation, die durchgeführt werden soll (postoperative Schmerztherapie).

Weitere Informationen zur Anästhesie in der Geburtshilfe finden Sie hier.
 

Plexusblockaden

Mit dieser Technik werden Nervengeflechte, meistens das Geflecht für die Schulter und Arme/Hände betäubt. So können Operationen an Hand sowie Unter- und Oberarm sicher durchgeführt werden. Das Nervenbündel wird in der Achselhöhle, am Hals oder am Schlüsselbein mit einer dünnen Nadel mit einem Nervenstimulator identifiziert: Ein kleiner Reizstrom, der durch die Nadel fließt, stimuliert die entsprechenden Nerven und führt zu Zuckungen der zugehörigen Muskeln. Nun weiß der Anästhesist, dass hier das lokale Betäubungsmittel eingespritzt werden muss.

Auch hier erfolgt die Operation erst nach vollkommener Schmerzausschaltung. Die Wirkung der von uns eingesetzten Medikamente hält etwa zwei bis sechs Stunden an. Ist eine längere Schmerzausschaltung notwendig, legen wir einen kleinen Katheter in die Nervenscheide des Nervengeflechtes. So kann über einen längeren Zeitraum (mehrere Tage) das Betäubungsmittel eingespritzt werden.

 

Periphere Nervenblockaden

Nicht nur Nervengeflechte, sondern auch einzelne Nerven können für kleinere Eingriffe an den Extremitäten mit einem lokalen Betäubungsmittel anästhesiert werden. Analog der Technik bei Plexusblockaden werden sie mit Hilfe des Nervenstimulators aufgesucht. Meist wird hier ein dünner Katheter in der Nähe des Nerven platziert. Während und besonders auch nach der Operation ermöglicht ein lokales Betäubungsmittel Schmerzfreiheit

Über Details und Anwendungsmöglichkeiten informieren wir Sie gerne bei unserem Narkosevorgespräch (Prämedikation).

Narkose bei Kindern

Säuglinge, Klein- und Schulkinder müssen sich manchmal Operationen und Untersuchungen in Narkose unterziehen:

  • kleine, planbare Routine-Eingriffe (z. B. Leistenbruch- oder Mandeloperationen)
  • Notfalloperationen (z. B. Armbruch, Blinddarmoperation)
  • therapeutische und diagnostische Maßnahmen (z. B. Kernspin- oder Computertomographie)

Speziell ausgebildete und erfahrene Kinderanästhesisten führen im Klinikum Lüneburg täglich diese Kindernarkosen durch.

Wann immer möglich, müssen auch bei Kindern dem Alter angepasste Nüchternzeiten vor Durchführung einer Narkose eingehalten werden:

  • Säugling: bis vier Stunden vor Narkosebeginn Stillen/Flaschennahrung
  • Kleinkinder: bis zwei Stunden vor Narkosebeginn klare Flüssigkeit

Genaue Informationen erhalten Sie vom Anästhesisten im vorbereitenden Narkosevorgespräch (Prämedikation).

Je entspannter und offener Eltern mit ihren Kindern das Thema Operation und Narkose angehen, desto ruhiger sind auch die kleinen Patienten. Deshalb nehmen wir uns auch gerade bei der Beratung genügend Zeit für Kind und Eltern.

Am Operationstag selbst sollen Eltern und Kind möglichst lange zusammenbleiben. Die Übergabe des Kindes von den Eltern an das Narkoseteam erfolgt erst, wenn es sich in einem angstfreien, sogenannten „sedierten“ Zustand befindet. Wir geben dazu einen besonderen Saft oder ein Zäpfchen: Das Kind wird ruhiger und schläfriger.

Vor Beginn der Narkose und Operation bekommt das Kind ein spezielles „Zauber“-Pflaster auf Handrücken oder Ellenbeuge geklebt, das die Haut örtlich betäubt. So kann eine Tropfinfusion angelegt werden ohne dass das Kind Schmerzen verspürt.

Alle Narkosemedikamente werden über diesen Tropf gegeben, und es folgt ein schnelles Einschlafen. Verschiedene Monitore für Herz, Kreislauf und Atmung helfen, das Kind lückenlos bis zum vollständigen Erwachen nach Ende der Operation zu überwachen. Sofort danach, wenn Ihr Kind im Aufwachraum gerade richtig wach wird, sind die Eltern schon wieder an seiner Seite.

Ambulante Narkosen

Häufig haben unsere Patienten den Wunsch, Eingriffe bzw. Diagnostik ambulant durchführen zu lassen. Moderne Narkoseverfahren und -medikamente haben das Spektrum der ambulant durchführbaren Eingriffe in den letzten Jahren zunehmend erweitert.
Wenn der Eingriff und der Gesundheitszustand des jeweiligen Patienten es zulassen, kommen wir diesem Wunsch gerne nach.


Für ambulante Anästhesien sind jedoch einige Regeln erforderlich:

  • Ambulante Patienten benötigen für 24 Stunden nach dem Eingriff eine Begleitperson bei sich zu Hause.
  • Für 24 Stunden nach dem Eingriff darf keine aktive Teilnahme am Straßenverkehr stattfinden. 
  • Es sollten keine wichtigen Entscheidungen oder Unterschriften vollzogen werden, da die Urteilsfähigkeit am Tag der Narkose beeinträchtigt sein kann.

Der Patient darf bis sechs Stunden vor der Narkose noch feste Nahrung zu sich nehmen und bis zwei Stunden vor einer Narkose klare Flüssigkeiten, z. B. Wasser, klare Säfte oder Tee trinken.

Die Zeit im Krankenhaus wird in der Regel im Ambulanten Operationszentrum (AMOZ) verbracht, in seltenen Fällen auch auf einer der Normalstationen. Die erste Zeit nach einer Narkose findet eine Überwachung im Aufwachraum statt, bevor der Patient wieder ins Zimmer verlegt wird. Die Entlassung nach Hause erfolgt durch den jeweiligen Kollegen der operativen Abteilung unter Berücksichtigung der entsprechenden Richtlinien.

Wenn Probleme auftreten sollten, ist rund um die Uhr ein Ansprechpartner verfügbar. Ein Merkblatt mit der entsprechenden Telefonnummer geben wir bei Entlassung mit nach Hause. Patientensicherheit!

Narkosevorgespräch (Prämedikation)

Zu jeder gut geplanten Narkose gehört ein sorgfältiges Narkosevorgespräch. Hier berät Sie ein kompetenter Narkosearzt: Sie werden untersucht, das für Sie beste Anästhesieverfahren bei der geplanten Operation wird ausgesucht, erläutert und über Vor-, aber auch Nachteile aufgeklärt.

  • Die relevanten Daten Ihrer Krankengeschichte werden erhoben.
  • Welche Medikamente nehmen Sie ein? 
  • Sollen diese weiter eingenommen werden? 
  • Welche Voruntersuchungen sind noch notwendig?
  • Was gilt es zu beachten?

Bringen Sie bitte alle Vorbefunde mit - wir ersparen uns dadurch zeitaufwändige und teure Doppeluntersuchungen.

All diese und weitere Fragen gilt es zu beantworten und dann das für Sie optimale Anästhesieverfahren (Allgemein- oder Regionalanästhesie, Voll- oder Teilnarkose, oder eine Kombination von beiden?) mit Ihnen festzulegen. Aber auch über eine notwendige und/oder sinnvolle Schmerztherapie nach dem Eingriff sprechen wir mit Ihnen.


Wann und wo findet das Narkosevorgespräch statt?

Wenn immer möglich, wird dieses Narkosevorgespräch so früh wie möglich, also wenn ein OP-Termin feststeht, in unserer Prämedikationssprechstunde in der Anästhesieambulanz durchgeführt. Sollten Sie als stationärer Patient nicht zu uns kommen können, besuchen wir Sie in Ihrem Patientenzimmer.


Bitte halten Sie immer folgende Regeln ein:

  • Sechs Stunden vor einer Narkose keine feste Nahrung, keine Milch und Fruchtsäfte
  • Bis zwei Stunden vor der Anästhesie sind klare Flüssigkeiten erlaubt
  • Ihre mit dem Anästhesisten abgestimmte Medikation (Tabletten) mit wenig Wasser einnehmen
  • Verwenden Sie keine Kontaktlinsen, Hörgeräte oder Zahnprothesen, lassen Sie Ihre Brille auf Station und entfernen Sie Ihren persönlichen Schmuck

Für ambulante Narkosen und Eingriffe gelten besondere Hinweise und Regeln.
Auch für Narkosen bei Kindern und Säuglingen gelten bestimmte Besonderheiten, die im Narkosevorgespräch besprochen werden.