Elektroneurographie (ENG)

Die elektroneurographische Untersuchung beurteilt die Fähigkeit eines Nervs, elektrische Impulse fortzuleiten und damit einen Muskel stimulieren zu können. Anhand der Messung werden die Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) und die Zeitdauer ermittelt, die eine Nervenerregung benötigt, um einen Muskel zu stimulieren.

Für eine normale Weiterleitung elektrischer Impulse ist die Unversehrtheit der „Nervenachse“ (Axon) sowie der „Nervenhülle“ (Myelinscheide) entscheidend.

Durchführung:
Um die Nervenfunktion beurteilen zu können, muss der jeweilige Nerv mit einem kurzen, schwachen elektri- schen Impuls zumeist an 2 bis 3 verschiedenen Positionen stimuliert werden. Die Ableitung erfolgt mit oberflächlich auf die Haut geklebten Elektroden. Diese werden bei Stimulation eines motorischen Nervs auf den dazugehörigen Muskel gesetzt oder bei Stimulation eines sensiblen Nervs auf den Nerven selbst aufgebracht. Nach Stimulation des Nervs mit der Reizelektrode wird das Eintreffen des Signals mit den Oberflächenelektroden aufgezeichnet. Die Nervenleitgeschwindigkeit errechnet sich dabei aus der gemessenen Zeit bis zum Eintreffen des Impulses an den Oberflächenelektroden und der Entfernung zwischen den Reiz- und Oberflächenelektroden. Zusätzlich wird die Form des aufgezeichneten Signals beurteilt, d. h. seine Potentialamplitude und Potentialkonfiguration. Jeder Nerv des Körpers erfordert einen standardisierten Messvorgang, um vergleichbare Messergebnisse zu erhalten. Dieses ergibt sich aus den jeweiligen anatomischen Besonderheiten des Nervenverlaufs. Abhängig von der zu untersuchenden Fragestellung ist die Messung einer unterschiedlichen Anzahl von Nerven notwendig.

Indikation:
Die Elektroneurographie hilft bei der Untersuchung, Zuordnung und Verlaufsbeobachtung von verschiedenen Nerven- und Muskelerkrankungen. Dabei wird sie in der Regel mit der Elektromyographie kombiniert. Hierdurch wird es möglich, Art und Ausmaß struktureller Schädigungen der betreffenden Nerven- und Muskelzellen zu beschreiben. Bei stoffwechselbedingten Nervenerkrankungen (z. B. beim Diabetes mellitus) kann mit Hilfe der Elektroneurographie auch die Notwendigkeit einer verbesserten Therapie festgehalten werden.

Risiken:
Bei der Untersuchung ist die Reizung mit schwachen Stromimpulsen notwendig. Diese Impulse können vom Patienten in Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Nervenerkrankung als unangenehm empfunden werden. Die elektrische Reizung ist indessen für die Patienten im Allgemeinen harmlos. Ernsthafte Komplikationen sind nicht zu befürchten. Diese Untersuchung ist auch unter einer Medikation mit blutverdünnenden Substanzen, sog. Antikoagulanzien (Heparin, Marcumar, Dabigatran, Rivaroxaban), sowie unter ASS (Acetylsalicylsäure) und Clopidogrel möglich.